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Auslandsstudium in Sheffield

Bericht von Felix Steeb

Sheffield ist - nach eigener Bezeichnung - das wohl größte Dorf in England. Das liegt daran, dass Sheffield eine sehr große Fläche hauptsächlich mit, den für England, typischen zweistöckigen Reihenhäusern einnimmt; trotzdem kommen über 500.000 Einwohner zusammen, und damit hat man in der Stadt ein sehr breites Angebot an Geschäften, Supermärkten, Veranstaltungen, Sportstätten, Pubs, Discos, Nightclubs usw. (www.sheffieldscene.co.uk/home.html).

Verkehrsanbindung

Sheffield hat eine für britische Verhältnisse toll ausgebaute öffentliche Nahverkehrsmittel, auf die man recht stolz ist:
Es verkehren flächendeckend Busse, auch bis spät in die Nacht, und es gibt eine Straßenbahn, die das Stadtzentrum mit einigen entfernteren Bereichen, u.a. Meadowhall, verbindet. Für deutsche Verhältnisse ist das britische Transportwesen allgemein - ungewohnt. In GB wurde alles privatisiert, daher gibt es z.B. 3 verschiedene Busgesellschaften, die in Sheffield die Buslinien betreiben - z.T. auf der selben Linie. Bushaltestellen sind - falls überhaupt - nur mit den Abfahrtszeiten am Endbahnhof versehen, und die angegebenen Intervalle stimmen auch nicht, da sich öfter mal mehrere Busse einer Linie hintereinander herfahren.

An den Bushaltestellen sollte man sich AUF KEINEN FALL irgendwo anders hinstellen als hinter den letzten, der da steht - please queue here (nicht das irgendwer irgendwas sagen würde, aber es ist schlicht shockingly rude. Diese Regel gilt übrigens auch und vor allem bei Regen, auch wenn unter das Dach - ohne Reihe - dreimalsoviele Leute passen würden). Fahren mit der Bahn ist eher ein Abenteuer, man sollte sich bei längeren Strecken alle Bahnhöfe in Richtung Ziel aufschreiben und einfach in kleinen Etappen den jeweils einfahrenden Zug nehmen, der an einem dieser Bahnhöfe hält (dann ist es egal, wieviel Verspätung dieser Zug grade hat - er fährt jetzt ab).

Da man in Sheffield vom "Uni-Bezirk" aus eigentlich alles in der City in Laufreichweite hat, und jederzeit (modulo 10..30 min Wartezeit, je nach Linie) einen Bus nehmen kann, kommt man ganz gut ohne Auto aus. Wenn man per Bus von Manchester Airport nach Sheffield fährt, passiert man nach dem Sheffield Ortsschild erst mal 30 min heruntergekommene Wohngebiete und verfallene Industriegebäude... dann wird's schlagartig besser, und in der Innenstadt angekommen ist von der Stahlindustrie-Vergangenheit Sheffields nichts mehr zu bemerken; die City kann durchaus gefallen, es gibt viele Parks und Grünanlagen. Erwähnen sollte man noch den Peak District, ein großes und wunderschönes Landschaftsschutzgebiet östlich von Sheffield (eigentlich fast das ganze Areal zwischen Manchester und Sheffield), und Meadowhall, das größte Einkaufszentrum in GB, das per Stadtbahn jederzeit erreichbar wird (Samstags NICHT hingehen, dann wird das zu "Meadowhell", da dort die Hölle los ist). Link: www.demon.co.uk/dayco/tourist.html

The University of Sheffield

www.shef.ac.uk

15000 Undergraduate Students, 2500 eingeschriebene ausländische Studenten ( Details: www.shef.ac.uk/about/1999/table8.html ), 73 Departments (Liste: www.shef.ac.uk/departments/ ) und die wohl größte und beste Student's Union in ganz England (Achtung, ich bin voreingenommen ...)

Die Universität ging 1905 aus dem Zusammenschluß von Medical School of Sheffield, Technical School of Sheffield und Firth College hervor, ist also noch nicht wirklich alt (erst recht nicht für britische Verhältnisse). Die vielen Departments sind über einen Stadbezirk verteilt, in und um den hauptsächlich Studenten wohnen - es ist keine Campus-Uni - und liegt sehr nah am Stadzentrum (10..50 min zu Fuß, je nachdem, wo man startet und hinwill). Das bedeutet, die Läden sind ziemlich auf "studentische Bedürfnisse" zugeschnitten: viele Take-Aways (=Fast-Food-Läden, die bis morgens früh aufhaben), Supermärkte mit deutlichem Hang zu Fertiggerichten, hohe Pub-Dichte.

Durch die hohe Zahl an Internationals (s.o.; davon Studenten, die ein Semester / Jahr bleiben: jedes WS ca. 400, jedes SS ca. 150) ist die Verwaltung ziemlich eingespielt, man wird sehr intensiv in der Anfangsphase betreut (auf keinen Fall die Introductory Week auslassen! Dort kriegt man Kontakt zu anderen Internationals, die Uni gezeigt und erklärt, einen Crashkurs in britischer Etikette / Kultur, und man wird an die Hand genommen und Schritt für Schritt durch die Formalitäten geführt, bis man schließlich seinen Studentenausweis hat. Man sollte einige Passfotos mitbringen.), und auch später kann man sich an einige Verwaltungsstellen wenden (z.B. Student's Service Desk in der Union), die einem freundlich mit ALLEM weiterhelfen. Die Verwaltung ist recht Studentenfreundlich ausgelegt.

An der Computerausstattung merkt man, was u.a. mit den Studiengebühren gemacht wird (die man als Erasmus-Student nicht zu zahlen braucht): Zusammen mit dem Studentenausweis, eine Magnetstreifenkarte, die gleichzeitig Bibliotheksausweis ist, kriegt man seinen ID/Login auf dem Uni-WinNT-Netzwerk. Damit kann man sich dann in den zahlreichen IT-Centers an einen der Windows-Rechner setzen und surfen, Texte schreiben usw - auf den Rechnern ist MS Office u.ä. installiert. Man kann dortige Laserdrucker (eigenes Papier einlegen) verwenden, an einen zentralen Drucker schicken und pro Seite zahlen oder ins Physics 3rd Year Lab gehen und gratis ausdrucken ;). Ausserdem gibt es einen IT-Pool, der 23 Stunden am Tag offen ist (Mappin Court: morgens von 0600 - 0700 Uhr wird geschlossen und geputzt) - Zutritt über Magnetkartenausweis. Man kommt also gut ohne eigenen PC aus. Ausserdem gibt es ein spezielles Department für Ausländer: The English Language Teaching Center (ELT) bietet Kurse in Grammar, Spoken English, ... an, die sehr empfehlenswert sind und über den vorgeschriebenen Rahmen an Lehrveranstaltungen hinaus belegt werden können.

The Union of Students

www.shef.ac.uk/union

Die Union of Students ist keine Gewerkschaft, sondern eine quasi-kommerzielle, professionelle Unternehmung. Gewählte Studenten leiten die Union, die Angestellten halten sie am Laufen, um Studenten alles an Service zu bieten, was den Verantwortlichen eingefallen ist. Für Sheffield bedeutet das:

Zwischen dem Mathe / Physik - Gebäude und dem Octagon-Versammlungszentrum steht das Gebäude der Union. In diesem Gebäude ist die komplette Verwaltung der Union und aller Societies, ein Radiosender, ein Saal (Versammlungen oder günstige Kino-Vorstellungen), mehrere Konferenzräume (in der Prüfungszeit wird das zum 24h - revision - center, wenn die Hall mal wieder zu laut ist für eine Lern-Session), ein Supermarkt, zwei Bankfilialen, ein Reisebüro, zwei Service-Büros der Uni, ein Kleidungsverleih (not-so-expensive formal wear!), ein Restaurant, ein Bistro, ein Cafe, zwei Bars und nochein Saal (für Partys: Di-Sa je eine mit anderem Thema / Musikstil, guter Stimmung und günstigen Preisen; die Union hat einen eigenen Security Service)... evtl. hab ich was vergessen.

Die Union organisiert ausserdem mit "Globalspan" alle zwei Wochen einen Bustrip zu einer britischen Sehenswürdigkeit - sehr empfehlenswert, da man so günstig da nicht allein hinkommt, und wenn man schon mal in GB ist, sollte man sich auch mal Windsor Castle, Stonehenge, Bath, Startford-Upon-Avon, ... angesehen haben.

Societies

Es gibt in Sheffield zu fast jeder erdenklichen Betätigungsweise eine Society: Natürlich sind alle Sportarten mit eigener Soc vertreten, dazu die meisten asiatischen Länder, politische Grundeinstellungen, Fanclubs uvm - seht selbst:

www.shef.ac.uk/union/activities/actitivitiesindex.php3

Dreh- und Angelpunkt der Societies ist i.A. das "socialising" (= nach der Sitzung / Treffen / Aktivität / Training gemütlich in den Pub gehen, ein/ige Pints trinken). Societies sind die einfachste Möglichkeit, Einheimische kennenzulernen und Zeit mit Brits zu verbringen...

ansonsten hat man es relativ schwer, Briten sind relativ verschlossen. Die doch andere Kultur birgt sehr viele Möglichkeiten für den interessierten Tolpatsch, haufenweise Tabus zu brechen oder sich unhöflich - für lokale Verhältnisse - zu verhalten, ohne auch nur irgendwas davon mitzubekommen:

Ein Brite würde dir noch nicht mal sagen, wenn du mit Tinte im Gesicht herumläufst - es wäre unhöflich, dir zu sagen, dass er es bemerkt hat, und so wird es ignoriert. Genauso wird kein Brite sich beschweren, wenn du ihm irgendwas sagst, was für britische Verhältnisse rüde ist, sondern sich artig für den Hinweis bedanken (und danach wohl nie wieder ein Wort mit dir reden, da du sowas von einem Rüpel bist).

Societies sind eine sehr sinnvolle Einrichtung, man sollte sich ein, zwei interessante Socs suchen und mal zu den Treffen gehen / beitreten (Infos darüber gibt's im Union-Gebäude. An den Wänden hängt jede Soc ein A3-Plakat mit Infos aus).

Sport

In GB wird seit jeher Sport an Unis gefördert - so auch in Sheffield: Mit dem Goodwin Sports Centre, mitten im Uni-Gebiet gelegen, hat man sehr gute Möglichkeiten, soviel Sport zu treiben, wie man will. Anlaufpunkt sind auch hier die passenden Societies.

British Students

Zum Leben an britischen Unis muss man etwas erklären: Die Studenten sind ca. 18, wenn sie an die Uni kommen; in GB dauert die Schulausbildung nicht so lange, und es gibt keinen Wehrdienst. Im ersten Jahr leben sie i.A. in den "Halls of Residence", und lassen kräftig die Sau raus (stellt euch zwanzig Oberstufen-Jahrgänge vor, die komplett in eigene Wohnungen in eine Großstadt ziehen...) . Das kann ganz witzig sein, manchmal aber auch zuviel... man kriegt ein eigenes Zimmer, je nach Preislage sogar eine eigene Dusche / Toilette und zwei warme Mahlzeiten am Tag (wechselnder Qualität, man ist an Essenszeiten gebunden). In diesem ersten Jahr suchen sich die Studenten ein paar Freunde, mit denen sie dann ein Haus mieten: In dem Bezirk um die Uni herum sind die meisten Häuser so ausgebaut, dass sie von 5..9 Studis mit je eigenen Zimmern, die sich Küche / Bad teilen, bewohnt werden können. Das hat v.a. den Vorteil, dass es um einiges günstiger ist als university-owned accomodation.

Neben den Halls of Residence bietet die Universität ebenfalls solche WGs ("Self-Catering Properties" oder kurz "Flats") an - die sind natürlich teurer als die privaten Vermieter, und man kann sich die Mitbewohner nur sehr begrenzt bis garnicht aussuchen, daher ist das bei den Briten nicht sehr populär, wenns sich nicht vermeiden läßt.

Die Mieten sind z.T. so hoch, dass die meisten Studenten für die Sommerferien aus ihren Wohnungen ausziehen und im nächsten akademischen Jahr in neue Wohnungen einziehen (z.T. mit anderen Mitbewohnern, je nachdem). Britische Banken geben Studenten standardmäßig Zinsfreie (oder sehr niedrige verzinste, weiss nicht genau) Darlehen, damit sie überhaupt ihr Studium bezahlen können - am Ende haben dann alle einen riesen-Schuldenberg, aber bis dahin wird fröhlich Party von dem Geld gemacht.

International Students

Für einen International Student, der etwas Zeit in Sheffield verbringen möchte, bietet der Housing Service damit allerdings zwei interessante Möglichkeiten, problemlos an eine Wohnung zu kommen; man wird i.A. mit anderen Internationals zusammengesteckt (Hall = gleicher Flur, Flat = Mitbewohner). Eine Hall hat den Vorteil, dass man nicht kochen muss, evtl ein eigenes Bad (teuer!), und ansonsten auch beiliebig viel Privatsphäre hat. Deutliche Nachteile sind, dass man nicht kochen kann, nur ein Zimmer hat und evtl. einsam auf diesem sitzt. Bei einem Flat hat man immer jemanden, mit dem man sprechen oder was unternehmen kann (das kann in der Anfangsphase sehr helfen), und man kann selbst entscheiden, was man isst, und wann. Nachteile sind natürlich WG-Spezifisch, je nach Herkunftsländern der Mitbewohner sogar etwas interessanter als sonst ;), ausserdem muss man kochen (oder sich von Take-Away-Food ernähren, sowas geht durchaus).Ich persönlich hatte mich für ein Flat entschieden, und hatte mit meinen Mitbewohnern zusammen eine tolle Zeit.

Pubs

Alkohol ist in GB in den Supermärkten so teuer, dass es fast keinen Unterschied macht, ob man ihn kauft und zu Hause / auf einer Party trinkt, oder in den Pub / auf eine Veranstaltung geht und dort kauft. Man geht als Brite sehr häufig in den Pub. Ziemlich ungewohnt für Kontinental-Europäer ist, dass die Pubs um 23 Uhr schließen - das führt dazu, dass eine Sorte Brits sich angewöhnt, in möglichst kurzer Zeit betrunken zu sein, nunja. Ausserdem werden die klassischen Pub-Spiele gepflegt: Billard, Snooker, Quiz (man kriegt einen Zettel, ein Moderator verliest über Mikro Fragen, und man diskutiert mit seinen Kumpels, oder den Nachbargruppen lautstark und gutgelaunt, wie denn nun der JFK-Schütze mit mittlerem Namen hieß - am Schluß werden die Zettel eingesammelt, und die zwei besten Gruppen kriegen einen Preis), watching Football, Socialising.

Ausserdem kriegt man in Pubs "british food" (es gibt keine Restaurants, die einheimische Küche anbieten, da würde niemand hingehen - aber eine breite Palette ausländischer, gutbesuchter Restaurants) zu vernünftigen Preisen.

Nightlife

Hier muss jeder selbst herausfinden, welche Läden einem am Besten gefallen, es ist in Sheffield alles vertreten. Immer gut ist die Union of Students: (whatsOn? Auf der Homepage)

Über die verschiedenen Nachtclubs und Diskotheken informiert ihr euch am Besten selbst, gute Addr. sind: www.sheffieldscene.co.uk/flash.html oder www.itchysheffield.co.uk (der zugehörige Guide nennt fast alle Clubs / Discos / Kinos samt Website und Addresse, sollte man sich vielleicht anschaffen; kleines schwarzes Büchlein, ca. 5€)

Ausserdem gibt's in Sheffield einige Kinos, Bowlingbahnen, viele Snooker-Clubs, eine LaserZone (so wie Gotcha, nur mit "Laserpistolen", macht ziemlich Spaß), ein breites Angebot an Kulturellen Veranstaltungen (CityHall), Konzerten (klassisch: City Hall, Firth Court; Rock/Pop: Sheffield Arena), Theater-Aufführungen uvm. Man muss nur danach suchen.

Geld

Man muss in GB mit sehr viel höheren Lebenserhaltungskosten rechnen als in Deutschland, die Preise liegen durchschnittlich 2x .. 3x über deutschen Preisen (man sollte die Special Offers nutzen: Brits sind ganz wild auf Special offers wie z.B. "buy 2, get 3rd free" oder "one free bottle of... for every ..."...), das gilt auch für die Mieten und erst recht für Alkohol und Zigaretten (Achtung Raucher! Wenn ihr VIEL Geld sparen wollt, nehmt euch nen Semestervorrat mit. Achtung Nichtraucher: Wenn ihr VIEL Geld verdienen wollt, nehmt euch Zigaretten mit und verkauft sie dort ;). Die ich fand es am Günstigsten, mit meiner ec-Karte vor Ort Geld abzuheben (günstiger Kurs, ca. 5DM Gebühr für eine Transaktion). Ausserdem hatte ich mir ein Konto bei einer dortigen Bank eingerichtet (übliche Konditionen in GB sind: Keine Kontoführungsgebühren, gratis Cashcard) - so musste ich, sobald das Konto endlich eingerichtet war, nicht mehr so hohe Bargeldbeträge mit mir herumschleppen. Ausserdem kann man in GB überall bargeldlos mit der Cashcard zahlen: "pay by Switch" kostet keine Gebühren. Man kann durchaus mit 5.000 € pro Semester rechnen, wenn man wenig unternimmt; bei besonders sparsamer Lebensweise vielleicht 500 € weniger, bei vielen Freizeitaktivitäten (hey, schließlich soll man Land+Leute kennenlernen und nicht in der Wohnung sitzen) durchaus 1.000+ € mehr.

Fazit

Allgemein lernt man - neben etwas flüssigerem englisch - vor allem, dass es bereits bei so ähnlichen Ländern wie Deutschland und GB, die sich im gleichen Klima, mit den gleichen industriellen Voraussetzungen, entwickelt haben, die kulturellen Unterschiede sehr groß sind: "Kulturelle Geländegängigkeit", und damit, andere Länder, andere Sitten zu respektieren.

Mein Aufenthalt in Sheffield war eine wunderbare Zeit, die ich immer in begeisterter Erinnerung behalten werde, und ich kann jedem nur empfehlen, sich die Zeit zu nehmen, mind. ein Semester im Ausland zu verbringen.

Ich stehe gerne für Rückfragen zur Verfügung: felixsteeb(at)web.de

Ein anderer Erfahrungsbericht über Sheffield: www.livingabroad.de/shefield.html